Musik verbindet
Europäer in Concert: Jugendliche finden sich zu gemeinsamen Auftritt in der Michaelskirche
REICHELSHEIM. 43 Augenpaare blickten aufmerksam zu dem agilen Mann in Anzug und Fliege, der auf dem Holzpodest stand und mit leisem „Un, deux, trois!“ und kräftigem Fingerschnipsen den Einsatz zur „Ouverture festive“ von André Waignein gab. Sogleich ertönte ein mächtiger Bläsersatz, begleitet von Schlagzeug und Glockenspiel, und füllte das Kirchenhaus bis in den letzten Winkel.
Mit der majestätischen Weise des 1942 geborenen Brüsseler Musikprofessors eröffnete der Dirigent Monsieur Jean-Guy Jolly eine mitreißende Musikveranstaltung unter dem Motto „Junge Europäer in Concert“, an deren Ende sich die Zuhörer von den Bänken erhoben und mit anhaltendem Beifall ihre Begeisterung ausdrückten. Aus der Freude am gemeinsamen Musizieren war die Idee zu einem kurzfristig angesetzten Konzert während der Reichelsheimer Märchen- und Sagentage am Donnerstagabend in der Michaelskirche entstanden. Die Musiker des „Conservative de Musique de St. Malo“ und der „Ecole de Musique des Marais Dol de Bretagne“ (Frankreich) taten sich spontan mit dem Jugendposaunenchor und dem Posaunenchor Reichelsheim sowie der „Vornyik Gruppe Bonyard“, einem sechsköpfigen Ensemble aus der Musikschule in Nagymanyok (Ungarn) zusammen.
Den größten Programmteil bestritten die Gäste aus Frankreich, deren Altersspanne von elf bis 62 Jahre reicht. Sphärische Klänge der keltischen Songs verzauberten ebenso wie das „Fest für Winde und Percussion“ von James Swearingen, in dem auf- und abschwellendes Brausen und Stürmen hörbar wurden. Im Stück „Shakel’s for bank’s“ von Jay Bocook, der Geschichte von wilden Mustangs, schien die Herde in rasantem Tempo vorbei zu galoppieren. Klassisch daher kamen hingegen zwei Beiträge der Posaunisten aus Reichelsheim unter der Leitung von Matthias Ernst. Festlich und moderat erklang von der Empore herunter der „Chorale St. Antoni“ aus der Feder von Joseph Haydn, imposant das Trio aus dem Marsch Nr. 1 „Pomp and Circumstance“ (Edward Elgar.) Zuhörer schmunzelten über das swingende, synkopierte „Be bell reader dry egg“, eine Komposition des Landesposaunenwarts Frank Vogel.
Ganz anders die ungarische Volksmusik, geboten von vier Mädchen und zwei Jungen mit Violinen, Klarinette, Kontrabass, Gitarre und Triangel. Die sechs Jugendlichen spielten zwei turbulente tänzerische Weisen, während ihr gesungenes Volkslied von Schwermut geprägt war. Fetzig wurde es mit einem „Fast break“, vorangetrieben vom schnellen Bongo- und Schlagzeugtempo der Musiker aus Frankreich. „Oye como va“ (Tito Puente) und der “Banana Rock” (Steve McMillan) versprühten lateinamerikanische Lebensfreude. Fröhlich rief das Ensemble sein „Tequila“ in dem gleichnamigen Tanzstück.
Ergriffen lauschte das Publikum dem abschließenden „Highland Cathedral“. „Freundschaft zwischen den Völkern“ – die Künstler dieses Abends haben erfolgreich den musikalischen Weg zu diesem Ziel eingeschlagen.
(Sabine Koch 31.10.2005, echo-online)